Übernachten in einer Calanque
- koroschetz
- 16. Juli 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Okt. 2022
Am Mittwoch verlassen wir Marseille. Frank fährt mit der Fähre zur anderen Hafenseite und von dort per Pedes zur Capitainerie um unseren Hafenschlüssel abzugeben. In der Zwischenzeit ist der Hafenmeister bei uns am Boot und fragt, ob wir heute abreisen. Ja, machen wir. Ich fülle noch Wasser auf und nehme beim Entfernen des Schlauches wieder mal eine unfreiwillige Dusche. Die Ausfahrt aus dem Hafen ist ebenso spektakulär, wie die Einfahrt. Um die Zeit fahren diverse Boote mit uns hinaus und wir sind froh, als wir aus dem Knäul heraus sind. Obwohl nur eine Windstärke 3 herrscht, ist der Wellengang erheblich. Kurze Wellen, häufig über 1 Meter treffen uns von vorn, so dass wir die Scheibenwischer einsetzen müssen und regelmäßig in das Wellental knallen. Wir umfahren die Île Tiboulin und die Île Maire und dann geht es weiter in Richtung Süd-Ost entlang der Calanques, einer Fjordlandschaft, die sich bis Cassis zieht. In den größeren Calanques ist ankern erlaubt. Wir versuchen es auch. Der mögliche Ankerbereich ist durch gelbe Tonnen zum Ufer abgegrenzt, so dass die Badebereiche frei bleiben. In der Calanque liegen schon einige Boote vor Anker. Wir lassen den Anker raus. Aber der Wind vertreibt uns während des Herablassens des Ankers an die gelben Tonnen. Da schon einige Boote liegen, ist es uns zu eng, um noch mal einen Anlauf zu nehmen. Auch besteht die Gefahr, dass Strömung und Wind den Anker unters Boot in Richtung Welle treiben. Also geht es wieder heraus aus der Calanque und rein die Wellen. Wir wollen gerne im Port Miou festmachen. Das ist der einzige Hafen in einer Calanque, ca. 30 Minuten fußläufig vor Cassis. Wir waren ganz überrascht, als wir eine problemlose Zusage für einen Platz erhielten. Bei all dem Wind und den Wellen kamen uns in der Einfahrt Paddler und Standup-Paddler entgegen. Wir haben noch zu gut unseren Trip mit Moritz von Cassis in die Calanques mit einem Paddelboot vor ca. 11 Jahren in Erinnerung. Mal abgesehen davon, dass ich nicht geradeaus fahren kann und immer auf einer Seite stärker ziehe, waren wir nach der Tour fix und fertig. Wegen meines Unvermögens wollte Frank gerne alleine paddeln, so dass ich mit Moritz gefahren bin. Man saß jedoch auf den Booten so komisch obendrauf, dass wir gleich wieder gewechselt haben. Als wir zurück am Strand von Cassis waren, haben Frank beinahe die Beine versagt vor Anstrengung. Als wir im Port Miou ankommen, erkennen wir nicht, wo wir festmachen können. Auf beiden Seiten entlang der Schlucht liegen Boote. Wir rufen noch mal den Hafenmeister an. Wieder in einem Mix aus Französisch und englisch verständigen wir uns und dann sehen wir den Hafenmeister. Er bedeutet uns, dass er uns mit einem Begleitboot zu einem Platz bringt und wir müssen wenden. Es dauert einen Moment, bis wir kapieren, dass wir vorwärts anlegen müssen. Es gibt Mooringketten für vorne und hinten. Die hintere Kette klemmt und löst sich auch nicht nach größter Motoranstrengung, die der Hafenmeister mit seinem Boot unternimmt. Wir sollen dann hinten an einer Mooringboje festmachen. Die Capitainerie und die Sanitäranlagen befinden sich auf dem gegenüberliegenden Ufer. Dorthin müssen wir mit unserem Schlauchboot übersetzen. Gut, dass wir das schon mal vorbereitet und kurz geübt haben. Der Hafenmeister nimmt unsere Papiere. Bezahlen können wir, wenn wir uns entscheiden abzureisen. Wir erwägen vielleicht sogar 3 Nächte zu bleiben. Am westlichen Ufer ragen steile Felswände empor. Auf unserer Seite geht es steil hinauf in den Ort und weiter nach Cassis. Das tolle ist, das Wasser in der Calanque ist so sauber, dass wir vom Boot aus Baden können. Das nutzen wir weidlich. Strom gibt es nicht, aber an dem klapprigen Steg gibt es eine Wasserleitung, so dass wir uns mit dem Schlauch nach dem Baden abduschen können und auch das Boot wieder von der dicken Salzschicht befreien können. Die Nacht ist im Vergleich zu Marseille herrlich ruhig. Am Donnerstag zum Nationalfeiertag der Franzosen machen wir uns am späten Vormittag auf nach Cassis. Es ist wieder brüllend heiß, viele Autos suchen in dem Vorort von Cassis einen Parkplatz, um in die Calanques zu gehen und zu baden. Auch aus Cassis kommen uns eine ganze Reihe von Leuten entgegen, die den Weg in die Calanques suchen. Das Gesamtbild von Cassis ist noch in unserer Erinnerung. Wir versuchen zu rekapitulieren, an welchen Stellen wir bei unseren vorangegangenen Aufenthalten gewesen sind. Natürlich schauen wir auch noch mal nach der Kanuausleihe. Die beiden Strände sind voll und auch wir lassen es uns nicht nehmen, uns bei einem Bad zu erfrischen. Für diesen Fall habe ich in meiner Raumwundertasche alles dabei. Mittags lassen wir uns in einer der Restaurants am Hafen nieder und beobachten den Fischer, der seine Fische ausnimmt und an den Mann bringt. Es herrscht ein gemütliches Treiben. Wir essen ausgesprochen gut. Vorsorglich bestellen wir „nur“ einen Salat und ein Hauptgericht. Von dem Salat hätten gut 2 Mann satt werden können, denn entgegen unserer Erwartung ist der Cäsar-Salat mit viel Hähnchenbruststreifen bestückt. Als Hauptgericht nehmen wir einen Meeresfrüchtetopf in wunderbarer Fischbrühe. Wir essen dann doch den Salat nicht auf, sondern den Fisch. Einfach köstlich. Später machen wir noch einen Rundgang durch den Ort und kaufen für den nächsten Tag ein Brot - kein Baguette. Zurück im Hafen können wir uns zum Glück gut abkühlen. In der Nacht gegen 21:00 Uhr fahren einige Boote aus dem Hafen. Zunächst können wir das nicht einordnen. Und dann wissen wir Bescheid. Ca. 21:30 Uhr hören wir Kanonendonner und Feuerwerk zum Nationalfeiertag. In der Calanque kann man nichts sehen. Leider können wir nicht noch einen Tag bleiben. Es deutete sich schon an, unsere Verbraucherbatterien, die für die Kühlschränke und Pumpen zuständig sind, lassen nach. In der Nacht wache ich auf und merke an der WC-Spülung, dass diese nur noch schwach läuft. Es ist 3:00 Uhr und ab da kann ich nicht mehr schlafen. Frank bemerkt den Schlamassel am frühen Morgen. Der Kühlschrank ist nämlich abgetaut und unser Teppich mit dem Tauwasser durchnässt. So ein M…. Es hilft alles nichts. Wir beseitigen alles, nehmen den Teppich hoch und bereiten uns auf die Abfahrt vor. Als wir in der Capitainerie bezahlen, sind wir doch ein wenig überrascht über den Preis. Wir zahlen für die 2 Tage 71 Euro. Deutlich mehr als bislang und das ohne Strom. Aber da zählt wohl Lage, Lage, Lage. Und es war auch echt toll.
























































































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