Gesperrte Kanäle Planänderung
- koroschetz
- 6. Sept. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Am Samstag machen wir uns wieder auf den Weg. Wir starten 10 Uhr bei Windstärke 4 aus Nord, also ein kleiner Mistral. Es gibt keine attraktiven Liegemöglichkeiten in einer Entfernung, die eine gute Streckenaufteilung ermöglicht. Also fahren wir durch bis Viviers. Das sind immerhin wieder 73 Kilometer und wir sind zufrieden, um 18:30 Uhr den Hafen zu erreichen. Es sind wieder Flusskreuzfahrtschiffe im Hafen, die ihre Generatoren laufen lassen. Wir hoffen auf deren baldige Abreise, um mal in Ruhe schlafen zu können. Obwohl nach Abreise der bereits liegenden Schiffe noch ein Kreuzfahrer hereinkommt, sind die Generatoren irgendwann ruhig, denn die Passagiere haben das Schiff verlassen. Sonntag früh demontieren wir unser Schlauchboot und verstauen alles wieder. Auf der gesamten Fahrt ist es bisher nur ein mal zum Einsatz gekommen. Wir hatten bis auf Port Miou immer Häfen und Liegeplätze, die Landverbindung hatten. Das war auch in Port Miou der Fall, nur hier mussten wir zur Capitainerie und den Sanitäreinrichtungen übersetzen.
Nach getaner Arbeit, inklusive Wasser fassen, starten wir kurz nach 11 Uhr Richtung Valence. Wir erreichen den Hafen 17:45 und legen uns ungefähr an die gleiche Stelle, die wir bereits auf der Hinfahrt hatten. In Valence treffen wir einen alten Bekannten wieder, der sein Boot seit Jahren in Valence liegen hat und uns bereits auf der Hinreise gute Tipps gegeben hat. Wir wollen den Aufenthalt in Valence auch nutzen, um mal unsere Fahrräder zu checken, die seit Port Saint Louis nicht aus ihren Hüllen gekommen sind. Uns ist ein bisschen Bange, da regelmäßig Salzwasser über die Schutzhüllen gespritzt ist. Die Räder sind offensichtlich nicht mit Salzwasser in Berührung gekommen. Die schlechte Nachricht ist, dass ein Reifen fast platt ist.
Im Laufe des Tages verdichten sich die Hinweise, dass die Weiterfahrt über die Kanäle problematisch ist. Bislang haben wir dieses Thema etwas ignoriert. Wir bitten Moritz, auf der Internetseite des VNF zu checken, welche Kanäle offen sind, um die weitere Tour zu planen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Fast alle Kanäle führen zu wenig Wasser auf Grund der anhaltenden Trockenheit und sind somit gesperrt. Lediglich der Canal du Rhône a Rhin ist noch offen. Wir haben also eine Entscheidung zu treffen. Wenn wir über den offenen Kanal fahren, ist es ein reiner Rückweg nach Hause. Wir müssen die gleiche Strecke zurück wie hin nehmen. Darüber hinaus ist nicht sicher, ob die Tiefe das Kanals immer für unseren Tiefgang ausreicht. Wir hören Berichte, dass einige Boote nicht weiter gekommen sind. Im Rhein ist die Gefahr, dass wir auf Grund des Niedrigwassers in einigen Häfen nicht anlegen können. Die Loreley und die Geißensteine bei Flachwasser zu fahren, ist sicherlich auch kein Vergnügen. Können wir in Valence überwintern? Frank kommt mit guten Nachrichten aus der Capitainerie. Wir können für ein halbes Jahr einen Liegeplatz bekommen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Im Frühjahr ist damit zu rechnen, dass die Wasserstraßen wieder alle genügend Wasser haben. Wir können der Part II unserer Reise neu planen und eine interessante Route auswählen. Wir können die vielen Erlebnisse des ersten Teils verarbeiten.
Wir können uns einfacher um Mutti kümmern. Wir fahren in den Sommer hinein. Je mehr wir darüber nachdenken, desto sicherer fällen wir die Entscheidung. Wir lassen das Boot in Valence. Als erstes kümmern wir uns, wie wir nach Hause kommen. Eigentlich waren wir mit unseren Freunden aus der Nähe von Chambery in Lyon verabredet, um dann für einen Tag mit zu ihnen zu fahren. Nun holen sie uns in Valence ab. Wir buchen einen Zug von Genf aus, zu dem sie uns später bringen. Leider ist es grenzüberschreitend immer ein Problem online zu buchen. Frank versucht es über die DB-App, ich über Trainline. Beides klappt nicht. Erst am nächsten Morgen kann Frank telefonisch über die Deutsche Bahn Tickets buchen. Wir reisen für ca. 200 € erster Klasse von Genf nach Berlin mit Umsteigen in Bern und Frankfurt am Main. Gegenüber dem Onlineversuch am Vorabend ist der Preis heute schon wieder um 20 € gestiegen. Dennoch ist der Preis mit einer Autofahrt nicht zu schlagen. Nun ist zu klären, wie wir die zu Hause notwendigen Sachen mitbekommen. Wir haben keinerlei Reisetaschen oder Koffer mit. Das Boot muss auch noch gesichert werden. Leider sind unsere Dachfenster bei stärkerem Regen nicht mehr dicht. Wir tanken noch mal für 1,97 € . Für die Organisation unserer Abreise und das ordnungsgemäße Verlassen des Schiffes haben wir genügend Zeit. Unsere Freunde holen uns erst am Freitag ab. Im Baumarkt bekommen wir Abdeckfolie und Leinen zum Befestigen zum Abdichten unserer Dachfenster. Hier finden wir auch unsere „Reisetaschen“. Bei Baumaßnahmen dienen solche Taschen als Abfalltasche für schweren Bauschutt. Jede der 4 Taschen, die wir kaufen kann 50 kg tragen und haben dennoch nur die Größe einer Einkaufstasche für den Supermarkt. So können wir jeder 2 Taschen tragen, natürlich mit weniger Gewicht als möglich. Wir bekommen auch alles was mit muss verstaut. Wir bauen auch noch mal die Räder auf. Frank pumpt bei beiden Rädern an der Tankstelle noch mal die Reifen auf. Bis zu unserer Anbreise hält das. Allerdings müssen wir einen neuen Schlauch von unserer Heimreise mitbringen, da wir in Frankreich nur eine geringe Chance haben, das erforderliche Schlauchmaß zu bekommen. Die Abdichtung für die Dachfenster bekommen wir auch ganz gut angebracht. Wir hoffen, dass sie sowohl Wind als auch Regen standhält. X-mal überprüfen wir die Vertäuung unseres Schiffes. Die Capitainerie macht zwar täglich Rundgänge im Hafen, wird aber nur in Extremsituationen das Boot betreten. Zum Glück können wir einen Zweitschlüssel dort lassen. Der Chef der Capitainerie wollte das eigentlich nicht, aber “Marakesch“ hat uns den Schlüssel abgenommen. Wir haben ihn „Marakesch“ getauft, da er den Markt von Marakesch selbst ins Spiel gebracht hat, als Frank mit ihm den Liegepreis verhandelt hat. Am Ende für uns ein guter Deal. „Marakesch“ scheint immer gute Laune zu haben und nutzt die Spielräume der Hafenordnung und Preisliste.
Und dann ist es soweit. Freitag Mittag laden wir unsere Sachen in das Auto von Gerard, gehen noch lecker im Hafenrestaurant Fisch essen und verabschieden uns dann vom ersten Abschnitt unserer Tour.


























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