Noch ein Halt vor den Toren Lyons und dann Einfahrt nach Lyon
- koroschetz
- 29. Juni 2022
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Okt. 2022
Heute, am Montag nutzen wir die Morgenstunden, um uns Trevoux anzuschauen. Auf höhe der Brücke über die Saone führt eine terrassenförmige Treppe hinauf in die Altstadt. Frank telefoniert noch mit Moritz und erfährt, dass auch die Werkstatt in Albigny in der Nähe unserer nächsten Station keine Lösung für unser Bugstrahlruder hat. Wir gehen davon aus, dass wir die Reparatur alleine machen müssen und haben schon mal Scherstifte bestellt, die wir dann aus Berlin mitbringen werden. Moritz hat uns ein Video geschickt mit einer prima Anleitung.
´Trévoux war früher die Hauptstadt der Provinz Dombes. Trotz ihrer geringen Größe und der niedrigen Bevölkerungsdichte (ca. 20.000 bis 30.000 Personen im 17. und 18. Jahrhundert wir die Dombes wie eine große Provinz mit einem Gouverneur, einem Parlament, einem Münzhof und einem Kapitel in Trévoux ausgestattet. Nach der französischen Revolution verliert die alte Hauptstadt ihre fürstlichen Privilegien. Trotzdem wird noch bis 1950 das Silberziehen ausgeübt. Bis 1939 kam aus Trévoux ein entscheidendes Werkzeug zum Drahtziehen, welches einen erheblichen Beitrag zur industriellen Revolution leistete. 1865 versteht man es in Trévoux Diamanten so zu schneiden, dass man sie zur Herstellung von Zieheisen für die Drahtzieher verwenden konnte. Mit diesen war es möglich, große Mengen an Metallfäden sehr fein zu ziehen. Diese Informationen entnehmen wir einer Tafel vor dem erhaltenen Parlamentsgebäude in Trévoux. Von dem gegenüberliegenden kleinen Park hat man einen herrlichen Blick über das Saonetal. Rechts sind die Ausläufer der Monts du Beaujolais zu sehen, nach Süden gefolgt von den Monts Lyonnaises und den Monts d´Or. Die Stadtbetriebe kümmern sich gerade um die Kübelpflanzen. Das sehen wir häufig. Um die Bewässerung der Pflanzen wird sich gekümmert. Der Stadtführer verweist auch auf diverse noch erhaltene "Paläste" von reichen Bürgern, die hier "Hotel" genannt werden. Wir finden bei unserem Rundgang einige. Von außen sehen diese Gebäude nahezu schlicht aus. Eine Innenbesichtigung ist nicht möglich. Es wird schon wieder heiß und die 30 Grad Marke ist bereits geknackt. Wir machen uns auf den Weg zurück zum Boot.
Bevor wir nach Lyon fahren, bewegen wir uns noch mal wenige Kilometer weiter nach Neuville-sur-Saône. Wir wollen von Lyon aus für einige Tage nach Hause fahren und müssen möglichst zeitnah zum Abflugtermin in Lyon ankommen, da man eigentlich im Hafen von Confluence nur 4 Tage bleiben darf. In Neuville-sur Saône gibt es wieder einen kostenfreien kommunalen Anleger. Dieser befindet sich an einem Betonkai, an dem wir an Ringen festmachen. Es gibt sogar Strom oberhalb der Ufertreppen. Unsere Strippe reicht gerade so, indem wir das Boot noch etwas besser ausrichten. Auf Grund der Lage der Festmacher müssen wir mit recht langen Leinen arbeiten. Frank gibt keine Ruhe und wir schauen uns trotz 39 Grad noch mal unser Bugstrahlruder an. Dazu schließen wir alle Fenster und Türen und machen die Klimaanlage an. Dann geht es ans Ausräumen. Der Motor befindet sich im Bug unterhalb unserer Betten und dort unterhalb unserer großen Staufläche. Also heißt das, Betten und Matratzen raus. Ein Teil der Klamotten raus und dann ist der Motor freigelegt. Franks Ahnung hat sich bestätigt. An der Verkleidung des Motors für das Bugstrahlruder befindet sich ein Ersatzscherstift. Damit brauchen wir nicht die Lieferung nach Berlin abwarten und machen uns mit Hilfe des Videos daran, den Motor zu demontieren. Leider fehlt uns ein winkliger Imbusschlüssel, so dass sich die Verschraubung des Motors nur etwas umständlich lösen lässt. Der Motor liegt schräg auf, so dass wir uns mit einer Halteschlaufe behelfen, um nicht zu verkanten. Tatsächlich finden wir den in 3 Teile gebrochenen Scherstift und können die Reparatur vornehmen. Nach 1,5 Stunden schweißtreibender Arbeit ist es geschafft. Frank ist stolz. Wir freuen uns sehr, wieder ein einsatzfähiges Bugstrahlruder zu haben. Zwar kann man natürlich auch ohne fahren, aber die Sicherheit, eine Bugstrahlunterstützung zu haben, ist beruhigend. Während wir gebaut haben, hat sich unser Boot 2-mal extrem aufgeschaukelt. Wir haben es dann strammer festgemacht und noch Fender an der Reling ergänzt. Das Phänomen haben wir uns inzwischen erklären lassen. Man nennt es "Grundwelle" In unserem Fall ist die Welle gegen den Betonkai gelaufen und konnte dort nicht weg. So wurde sie zurückgeschlagen, was zum Aufschaukeln des Bootes geführt hat. Es sollen auf diese Art und Weise schon Boote gekentert sein. Wir haben "nur" einen Kratzer an der Reling davongetragen, den wir hoffentlich wieder wegpolieren können.
Abends sitzen wir noch lange, bevor es sich etwas abkühlt. An der Uferpromenade genießen viele Gruppen den Abend mehr oder weniger lautstark. Daher trauen wir uns auch keine Außendusche im Lichte der Öffentlichkeit. Wir holen das am Morgen nach. Bevor wir wieder in Richtung Lyon ablegen, interessieren sich noch einige, meist ältere Spaziergänger für uns und unser Boot. Gern kommen wir ins Gespräch. Frank schickt mich vor, damit ich mit meinem schwachen Französisch ein wenig verstehen und erklären kann. Und dann geht es wieder los.
Vor Lyon haben wir noch eine Schleuse, in der wir nach kurzer Wartezeit alleine schleusen. Die Besiedlung wird nun schnell immer dichter. Zunächst kommen wir an den Ausflugszielen der Lyoner vorbei. Restaurant an Restaurant säumen die grünen Ufer. Und dann wie immer faszinierend die Einfahrt in die Großstadt. Überall auch große Steganlagen, an denen man auch festmachen könnte. Wir fangen den Eindruck vom historischen Lyon vom Wasser aus ein. Je mehr wir Richtung Rhone kommen, desto mehr Peniches, die als Wohnschiffe genutzt werden, liegen am Ufer. Wir begegnen mehreren Ausflugsschiffen und steuern stramm auf den Hafen Confluence zu. Kurz davor soll es eine Dieseltankstelle geben, die wir aber nicht sehen, dann sind wir schon an der Hafeneinfahrt. Wir werden gleich vom Hafenmeister in Empfang genommen. Er kassiert uns zunächst für 4 Tage ab. Zum Glück kann er sich an den Anruf von Victor erinnern, dass wir länger als 4 Tage bleiben müssen, da unser Rückflug nicht eher da ist. Dennoch will er den Anschluss erst nach unserer Rückkehr vereinnahmen. Der Hafen liegt an einem modernen Einkaufskomplex gegenüber dem Haus der Region. Von hier aus können wir mit der Straßenbahn unmittelbar ins Zentrum fahren und auch zum Rhone-Express Richtung Flughafen. Bis zum Flughafen brauchen wir eine knappe Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Entlang des Hafenkais gibt es mehrere kleine Bistros und Cafés. Wir haben unseren Kühlschrank abgetaut und wollen vor unserem Kurztrip nach Hause keinen neuen Lebensmittel mehr bunkern. Daher wollen wir abends gern einen kleinen Imbiss am Kai nehmen. Die meisten Einrichtungen haben aber geschlossen, so dass wir am uns am Ende auf Fingerfood einlassen, das schlechteste Essen, welches wir seit unserer Tour je gegessen haben. Mit Victor treffen wir uns nicht, da Melanie Corona hat. So warten die Kleidchen, die wir für die Mädchen gekauft haben, bis zu unserer Rückkehr aus Berlin. Am Abend machen wir noch einen Spaziergang bis zum Place des Archives. Den Rückweg nehmen wir am Ufer dar Saone. Jetzt entdecken wir auch die Tankstelle und den Laden des Schiffsausrüsters. Wir erstehen noch eine Flasche "Waterclean" für unsere Frischwasservorräte. Zurück im Hafen erzählen wir noch kurz mit der Crew eines dänischen Seglers. Wir treffen sie nicht zum ersten mal. Auch andere Boote kennen wir schon. Die Dänen wollen nach Griechenland um den italienischen Stiefel herum. Es sind junge Leute mit Baby, die sich 2 Jahre Zeit nehmen. Als Koch hat der Däne viele Überstunden. Er ist sicher, nach seiner Rückkehr wieder einsteigen zu können. Die Frau arbeitet mobil in der Filmbranche. Alle sind sehr entspannt. Wir wünschen ihnen alles Gute für Ihre Reise.
Unser Berlin-Trip zählt zu unseren schlechteren Reiseerfahrungen. Wir werden insgesamt 4-mal umgebucht, verbringen mehrere Stunden in Telefonschleifen bei der Lufthansa und Austria Airlines, unser Flug wird nach dem Einchecken gecancelt, am Ende bekommen wir einen Flug für unsern Zieltermin, unsere bereits bestätigten und eingecheckten Plätze werden auf Warteliste gestellt und wir stranden wegen Verspätung am Sonntagabend in Frankfurt, so dass wir unseren Flug erst am Montagmittag und da wieder mit einer Stunde Verspätung fortsetzen können. Taxi und Hotelvoucher kosten der Fluggesellschaft mindestens 200 €, mehr als uns der Rückflug gekostet hat. Nach einem anstrengenden Wochenende sind wir froh, dass es in Lyon etwas abgekühlt ist. Der Hafenmeister ist total aufgeregt. Eigentlich sollen wir abreisen, spätestens am Dienstag. Es kostet zähe Verhandlungen und noch einmal Umsetzen des Bootes an einen anderen Liegeplatz. Nun dürfen wir noch Dienstag bleiben und haben Zeit für eine kleine Stadtbesichtigung. Mittwoch werden wir dann weiterreisen. Heute füllen wir nur noch bei Carefour unsere Vorräte auf und gehen dann zeitnah nach dem Abendbrot schlafen.
























































































































Kommentare