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Auf der Rhône bis Avignon

  • koroschetz
  • 4. Juli 2022
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Okt. 2022

Am Mittwoch, den 29. Juni verlassen wir Lyon nach einem kurzen Tankstop (Diesel kostet 2,23€) Richtung Rhône. Lyon hat auf der dreieckigen Südspitze der Perrache-Halbinsel zwischen Saône und Rhône von Brachland von Industrie, Hafen und der Bahn das neue Stadtviertel La Confluence gebaut. Längst ist noch nicht alles fertig, die Baupläne reichen bis 2030. Wir passieren das „La Musée des Confluences“ und bestaunen die knalligen Hingucker, zwei große durchlöcherte Kuben, den Cube Orange und den Cube Verte. Der Cube Verte erinnert mich an einen Katzenkopf mit leuchtenden Augen.

Nachdem wir einige Industriezonen passiert haben, reihen sich am rechten Rhôneufer die Weinberge aneinander. Die Orte werden zunehmend mediterraner. Auffällig ist der Ort Vienne. Von Weitem sieht man die Ruine des Chateau Batie auf dem Mont Salomon, auf dem der Erzbischof von Vienne Jean Bernin die Burg im 13. Jahrhundert errichten ließ. In Vienne gab es die erste Steinbrücke über die Rhône. Sie wird dem größten Baumeister des römischen Reiches, dem Kaiser Trajan zugesprochen. Sie blieb bis Mitte des 17. Jahrhunderts erhalten, bevor sie dann endgültig einstürzte. Heute befindet sich an der Stelle eine Hängebrücke, die als Fußgängerbrücke genutzt wird.


Unseren ersten Halt auf der Rhône machen wir in Les Roches-de -Condrieu. Der Steg am Eingang des Hafens in einem nicht mehr befahrenen Abschnitt der Alt- Rhône ist als Gästesteg ausgewiesen. Außen längsseits liegen einige ehemaligen Transportschiffe, die offensichtlich als Dauerwohnsitz dienen. Ansonsten befinden sich an diesem Steg viele Boote, die vor sich hinsiechen. Hier und da ist jemand an Bord. Alle keinesfalls Gastlieger. Wir finden problemlos einen Platz. Wir wollen ein wenig einkaufen. Im Ort wird die Kanalisation gebaut und es gibt viele Baustellen. Den Supermarkt finden wir erst im Nachbarort. Der Fußmarsch dorthin ist bei über 30 Grad beschwerlich. Wir wünschen uns ein Taxi oder einen Bus, aber es ist nichts in Sicht. Am rechten Rhôneufer liegt Condrieu. Hier soll man unbedingt den Weißwein von Condrieu verkosten. Dieser wird aus der Rebsorte Viognier gekeltert, die 600 vor Christi von den Griechen hier eingeführt sein soll. Das mit dem Wein müssen wir auf unserem Rückweg nachholen. Hier sind die Weinberge auf Terrassen angelegt und produzieren kleine Beeren, zu deren Reifung sehr viel Wärme erforderlich ist. Eine weitere Spezialität ist der Rigotte de Condrieu, ein Ziegenkäse, der nach alter Tradition geschöpft wird. Bei der Hitze haben wir auch darauf keine Lust.

Am Donnerstag setzen wir unsere Fahrt auf der Rhone fort. Es weht ein frischer Wind aus Süd. Unterwegs kennzeichnen wir uns kleine Anlegestellen in unserer Karte, die wir ggf. auf dem Rückweg anlaufen. Wir halten aktuell die Abschnitte größer, da wir in Avignon eine Motordurchsicht verabredet haben. Dennoch erwägen wir in Adancette anzulegen. Hier kann nur ein Boot liegen. Man könnte einen Ausflug in die Weinberge zu einer Destillerie machen. Allerdings ist für heute Nachmittag Gewitter angesagt und wir befürchten den Rückweg nicht zu schaffen. Zum Glück fahren wir weiter, denn der Wind wird immer heftiger. Auf der Rhone baut sich eine Welle von gut einem Meter auf. Die Berge werden steiler und Weinbau sehen wir nur noch auf Hochebenen. Dafür gibt es an den Felsen des rechten Rhôneufers diverse riesige Steinbrüche. Gegen 16:30 Uhr erreichen wir Valence. Das Anlegemanöver ist eine echte Herausforderung. Der starke Wind lässt Bug- und Heckstrahlruder alt aussehen. Aber Frank kommt am Ende mit kräftigem Rückwärtsschub auf den Liegeplatz und wir können das Boot fest machen. Der Hafen hat Platz für mehr als 400 Boote und ist bestens ausgestattet. Er liegt außerhalb von Valence geschützt, abseits der Strömung. Der Wind ist natürlich trotzdem da, nur die Welle nicht. Wir machen schnell Bekanntschaft mit einem Deutschen Dauerlieger, mit einem im Belgien zugelassenen Stahlschiff, der in Linz lebt. Mit viel Herzblut legt er uns die Stadt und die Region ans Herz und gibt uns auch viele Tipps für unsere Weiterreise. Wir verbringen einen netten gemeinsamen Abend. Spät kommt noch ein Deutsches Boot, eine NC 11 in den Hafen. Der Wind bläst unbändig und auch sie müssen waghalsige Manöver fahren, um anzulegen. In einem unübersichtlichen Wendemanöver gibt es eine Kollision mit einem nachfolgenden kleinen Motorboot. Die Persenning des Bootes bekommt etwas ab, aber es scheint nichts Schlimmeres passiert zu sein, denn das kleine Motorboot setzt zügig seinen Weg fort und der NC11 gelingt es anzulegen. Wir gehen schlafen und ich habe für mich schon klar, dass ich einen Tag bleiben möchte.

So machen wir das auch. Frank kümmert sich mal um seine Mails, ich gehe Wäsche waschen und dann entern wir den nahegelegenen Supermarkt. Bepackt für die nächsten Tage kommen wir zurück in den Hafen. Ich mache einen Salat. Später wollen wir uns die Stadt anschauen und abends dort essen gehen. Am Mittag kommen wir mit der Crew der NC 11 ins Gespräch und verabreden uns, den Stadtspaziergang gemeinsam zu machen. Wir verlängern in der Capitainerie noch unseren Aufenthalt und machen uns mit Petra und Harald auf den Weg. Unser Bootsnachbar hat uns einen Weg entlang der Rhône und durch einen schönen Park beschrieben, dem wir gerne folgen. Die Parkanlage ist sehr gepflegt und wird von vielen genutzt. Schon häufiger ist uns in Frankreich aufgefallen, dass die Parks mit Respekt vor der Natur genutzt werden. Dadurch sind sie lebendiger Bestandteil des urbanen Lebens. Die Stadt selbst ist ein cooler Mix zwischen historischen Gebäuden, typisch französischen Wohnblocks mit 5 Etagen und schönen Balkonen, und dann wieder moderne Verbindungen zwischen Alt und Neu. Je mehr wir in die Stadt eindringen, desto netter werden die Gassen, diverse Restaurants und Cafés säumen die verkehrsberuhigten Straßen.

Wir wählen ein Restaurant für den Abend aus. Das Essen ist typisch Französisch und o.k. Wir tauschen wieder viel Seemannslatein aus, zumal Petra und Harald auf dem Rückweg vom Mittelmeer sind, wohin wir wollen. Auch den Rückweg nehmen wir zu Fuß. Das tut gut nach dem Essen. Schön ist, dass es heute nicht so heiß ist, nur 25 Grad, da ziehe ich auf dem Heimweg sogar einen Pullover drüber. In den nächsten Tagen soll es schrittweise wieder heißer werden. Nach einem „Absacker“ bei Petra und Harald finden wir in der Nacht einen erholsamen Schlaf.

Am Samstag nach dem Frühstück nehmen wir Abschied von den Nachbarn, von Harald und Petra und fahren bei ruhigem Wetter nach Viviers. Die Strecke ist gar nicht so weit, nur 55 km stromabwärts, aber wir sind insgesamt fast achteinhalb Stunden unterwegs. Heute müssen wir jeweils an den 3 Schleusen sehr lange warten. Das ist in der prallen Sonne echt anstrengend. Wir wechseln mehrfach zwischen Kanal und Rhône. Die Landschaft ist teilweise zerfurcht von Steinbrüchen, wir passieren Atomkraftwerke im Wechsel mit hübschen kleinen Dörfern. Auf den Hügeln ist hier und da eine Burgruine zu sehen. Erst gegen 17 Uhr sind wir in Viviers. Nachdem wir fest gemacht haben, erfahren wir, dass die Capiainerie erst ab 18:30 Uhr besetzt ist. Wir nutzen die Gelegenheit, den auf einem Hügel gelegenen Ort anzuschauen. Was wir hier sehen, übertrifft unsere Vorstellungen. Viviers ist ein vollständig erhaltener Ort mit Gebäuden aus dem 14. bis 17 Jahrhundert. Insgesamt leben hier nur ca. 4.000 Menschen. Eine Gesellschaft bemüht sich, das Kulturerbe für die Nachwelt zu erhalten. Die alten Gemäuer sind bewohnt und teilweise restauriert. Nach unserer Ansicht kostet die Erhaltung des Ortes mehrere hundert Millionen und wir wünschen sehr, dass Mittel anstelle in Kriegsmaterial in die Denkmalpflege investiert werden. Die Reisenden aus 3 am Kai liegenden Flusskreuzfahrtschiffen durchstreifen mit uns den Ort, der an jeder Ecke Geschichte atmet. Fasziniert kehren wir von unserem Ausflug zurück. Nun können wir uns registrieren lassen und bezahlen. Leider fällt kurz danach der Strom am Kai aus, so dass wir unsere Klimaanlage nicht nutzen können. Die Kreuzfahrtschiffe sind zum Glück abgereist, aber ein Schiff fährt noch spät ein und bleibt bis ca. Mitternacht. Wir sind todmüde und würden gerne schlafen. Dagegen spricht aber die ungeheure Hitze und der laufende Generator des Kreuzfahrers, der uns hemmungslos zudröhnt und vollstänkert. Irgendwann gegen Mitternacht wird es kühler und der Kreuzfahrer ist weg. Wir können etwas schlafen.

Am Sonntag um 6 Uhr klingelt der Wecker. Wir wollen heute weiter nach Avignon. Das sind ca. 75 km und 3 Schleusen. Nach den gestrigen Erfahrungen rechnen wir mit einer sehr langen Fahrt. Wir starten als ein Kreuzfahrtschiff in unsere Richtung die Hafeneinfahrt passiert. Das Kreuzfahrtschiff fährt schneller als wir, aber wir legen an den Schleusen einen Sprint ein und können mit einfahren. Dadurch verkürzen sich unsere Schleusenzeiten im Vergleich zu gestern erheblich. Die Landschaft ist ähnlich wie gestern, der Fluss wird noch breiter. Die Sonne knallt und wir erreichen 37 Grad. Richtung Avignon passieren wir die Weinberge Châteauneuf-du Pape. Wir sehen im Hintergrund die langen Reihen gepflegten Weines. Nahe dem Ufer passieren wir das Chateau Montfaucon und die Ruine des Chateau de l ´Hers. Immer noch im Schlepptau des Kreuzfahrtschiffes erreichen wir Avignon. Der Kreuzfahrer fährt seine Gäste bis vor die berühmte Pont St.-Bénezet - zum Fotoshoting. Wir nehmen Kontakt auf, da wir an die Liegestelle hinter der Brücke müssen und passieren dann steuerbord. An der Kaimauer werden wir von der, wie wir später erfahren, Mitarbeiterin der Capitainerie auf einen Platz an der Kaimauer herangewunken. Da die Strömung doch stärker als erwartet ist und der Wind sein übriges tut, brauchen wir etwas Anlauf. Beim Anlegen gibt es dann noch ein Missverständnis zwischen der Hafenmeisterin, Frank und mir, so daß wir mit der Badeplattform die Kaimauer touchieren. Franks Stimmung ist hin. Ich regle die Anmeldung mit der netten Hafenmeisterin. Sie erklärt mir, dass ab heute neue Coronaregeln gelten. Wir können die Duschen und WC des Anlegers nicht benutzen und können in den nächsten Tagen mit Maskenpflicht rechnen. Wir entscheiden uns, schnell mal eine Außendusche zu nehmen. Und bleiben vorerst an Bord.


 
 
 

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